Loslassen

Ich bin ein wirklich netter Mensch, vielleicht etwas zickig, aber ich verzeihe meinen Mitmenschen immer alles. Freunden sowieso. Aber jetzt habe ich die Schnauze voll von jemandem.

Es handelt sich um einen Exfreund von mir. Wir waren von 2003 bis 2007 zusammen, dann war Schluss, weil auf beiden Seiten die Gefühle nicht mehr gestimmt haben (schon länger nicht mehr...) und wir beide uns dementsprechend verhalten haben. Er dabei um einiges heftiger als ich und dabei waren dann auch einige Sachen, die man auch Freunden gegenüber nicht macht. Zum Beispiel seine ständige Lügerei.

Wir wollten eigentlich befreundet bleiben, aber es sind immer mehr Sachen rausgekommen, die er gebracht hat, die ich nicht ok fand'. Ich habe ihn drauf angesprochen, dass er jetzt bitte mal alles aus dem Weg räumen soll und ehrlich sein. Ich wäre nicht böse gewesen. Das habe ich oft genug bewiesen. Fehler verzeihe ich immer, wenn man dann ehrlich zu mir ist. War er aber nicht.

Dazu kam dann, dass ich mit seiner jetzigen Verlobten nicht wirklich warm geworden bin, wir passen einfach von unseren Einstellungen zu Arbeit und Umgang mit Problemen dermaßen nicht zusammen, dass ich sie nicht ernst nehmen kann. Das hat zu weiteren Problemen geführt, hab jetzt keine Lust alles abzutippen, würde Wochen dauern und tut auch nichts zur Sache. Jedenfalls sagt er ihr nicht, dass wir Kontakt haben, weswegen ich mich nicht bei ihm melde und die ganze Zeit misstrauisch bin. (Egal, ob ich sie jetzt mag, oder nicht. Ihr zu verschweigen, dass er mit seiner Ex-Freundin Kontakt hat, wobei sie total eifersüchtig auf mich ist und psychische Probleme hat, ist nicht in Ordnung.)

Jedenfalls ist es gestern deswegen zwischen uns zum Streit gekommen und er hat jetzt endlich eingesehen, dass wir da mal ein klärendes Gespräch führen müssen, wenn wir weiter befreundet bleiben wollen.

Aber ich habe eigentlich keine Lust mehr. Ich verspreche mir nichts von dem Gespräch. Wenn es was bringt - ok. Wenn nicht - bitte. Er bringt mir als Freund nichts. Ich versuche ihm immer zu helfen. Leih' ihm mein Auto, wenn Ines in der Psychiatrie ist, suche nach Jobs für sie, erklär' ihm, wie er sparen kann... Und das beste was er gemacht hat war, mich einmal anzurufen, als meine Oma krank war.

So denke ich aber nur jetzt. Wenn ich wieder ein bisschen weniger verärgert bin, will ich ihm wieder "noch eine" Chance geben, weil es in meiner Natur liegt. Aber den Ärger, den ich danach wieder habe, ist er nicht wert. Mir reicht es.

Was ich brauche, ist ein Zauber, der mir hilft nicht nachzugeben. Das Gespräch werde ich noch führen, aber ich möchte stark sein, wenn ich darein gehe und stärker, wenn ich wieder rauskomme. Ich will - dass wenn es denn wirklich so ist - es in meinem ganzen Körper *klick* macht und ich mich endlich umdrehen und gehen kann.

Danke schonmal für's Lesen.

In solchen Frage opfere ich Hyrrokkin, ihr Name bedeutet rauchendes Feuer. Sie ist eine Riesin der germanischen Mythologie. Nach dem Tod des Gottes Balder sind die Asen (die anderen Götter) zu schwach, sein Totenschiff anzuschieben. Man holt Hyrrokkin, sie schiebt das Schiff an.

Es gibt einen alten Stein in Skandinavien, da wird sie dargestellt, möglicherweise war ihre Anrufung früher ein Teil von Begräbniskulten. Nach dem Tod nahestehender Menschen wende ich mich deshalb an sie.

Aber auch ebenso, wenn ich selbst nicht loslassen kann, immer wieder die alten Bande aufleben lasse zu Ideen, zu Menschen, die noch leben und von denen ich weg möchte, dann hilft sie.

Für mich ist sie eine Trennungstherapeutin, sie kann lösen, was in mir nicht loslassen kann, obwohl ich es doch so sehr wünsche. Ich opfere ihr ein paar Kräuter und Nüsse und bitte sie um Loslösung.

Hier zwei englische Texte mit Bild, den ganzen Abschnitt aus der Mythologie konnte ich leider nicht finden
http://en.wikipedia.org/wiki/Hyrrokin
http://en.wikipedia.org/wiki/Hunnestad_Monument

Vielen Dank, das hört sich schonmal sehr gut an.

Hier habe ich doch noch den Text gefunden, er ist ein bißchen schwerfällig zu lesen.

Da nahmen die Asen Baldurs Leiche und brachten sie zur See. Hringhorni hieß Baldurs Schiff, es war aller Schiffe größtes. Das wollten die Götter vom Strande stoßen und Baldurs Leiche darauf verbrennen; aber das Schiff ging nicht von der Stelle.

Da wurde gen Jötunheim (Riesenheim) nach dem Riesenweib gesendet, die Hyrrockin hieß, und als sie kam, ritt sie einen Wolf, der mit einer Schlange gezäumt war. Als sie vom Rosse gesprungen war, rief Odin vier Berserker herbei, es zu halten; aber sie vermochten es nicht anders als indem sie es niederwarfen.

Da trat Hyrrockin an das Vorderteil des Schiffes und hieß es im ersten Anfassen vor, daß Feuer aus den Walzen fuhr und alle Lande zitterten. Da ward Thor zornig und griff nach dem Hammer und würde ihr das Haupt zerschmettert haben, wenn ihr nicht alle Götter Frieden erbeten hätten.

Da wurde Baldurs Leiche hinaus auf das Schiff getragen und als sein Weib Nanna, Neps Tochter, das sah, da zersprang sie vor Jammer und starb. Da wurde sie auf den Scheiterhaufen gebracht und Feuer darunter gezündet, und Thor trat hinzu und weihte den Scheiterhaufen mit Miölnir, und vor seinen Füßen lief der Zwerg, der Lit hieß, und Thor stieß mit dem Fuß nach ihm und warf ihn ins Feuer, daß er verbrannte.

Thor hat ernsthafte Ärger-Bewältigungs-Probleme. o.O

Ja . Der Name des Zwerges hat aber was mit Farbe oder bunt zu tun, habe das genaue vergessen. Und wird daher als Sinnbild auf Wachstumskraft (Zwerge, unterirdisch, usw.) gedeutet. Also im Naturmythos stirbt mit Balder das Licht, die Sommerfülle und Frische.

Es gibt dann noch eine weitere Geschichte, da wird ohne die Umstände zu nennen, Hyrrokkin als eine der üblen Riesenweiber aufgezählt, die Thor erschlagen hat. Also dann wohl zu einer späteren Gelegenheit. Riesen und Thor, das funktioniert halt nicht.

Zum Ausgleich ist der Gott Freyr mit der hübschen Riesin Gerdr verheiratet .

Für die Trennung denke ich mir das so, wenn man wirklich die Hilfe von Hyrrokkin in Anspruch nimmt, dann sollte man es auch wollen. Es bringt dann später nichts, die Beziehung wieder haben zu wollen. Es ist eben wirklich ein Begräbnisritual, vorbei ist vorbei. Und manchmal im Leben ist es das, was man wirklich braucht.

Wenn ich mich einmischen darf, aber mir fällt grade auf: meiner Meinung nach solltest du vielleicht mehr tun, als dir nur die Trennung erleichtern. Denn es geht ja darum, dass du vielleicht grad die Tendenz hast, an irgendetwas zu hängen, das sich eigentlich längst überlebt hat.

Vielleicht wäre es gut, wenn du - ob jetzt magisch oder ganz profan - klären würdest, warum du ihm noch und noch eine Chance gibst. Es muss irgendetwas geben, was du dafür zurückbekommst - und sei es nur ein gutes Gewissen, ein nicht so schlechtes Gewissen, das Gefühl, gebraucht zu werden, gemocht zu werden, es hängt dir noch ein Beziehungsrest nach - z.B. ein dir selbst nicht ganz bewusster Groll gegen ihn, seine jetzige Freundin (von der du weißt, dass sie sich fürchterlich ärgern und grämen würde, wenn sie wüsste, dass ihr Kontakt habt), die Genugtuung, dass er immer noch an dir hängt oder was auch immer. Oder es gibt irgendeinen anderen Grund dafür, den man von außen natürlich nur schwer erkennen kann.

Denn wenn du erkennst, warum und was da noch "hängt", dann fällt dir ein punktgenaues Handeln - ein besserer Ausdruck - vielleicht leichter.

Viel Glück damit!

Murchadh

Schwarzbunte, wenn das Gespräch wieder nichts bringt, dann ist diese Treunnung genau das, was ich brauche. Mir fehlt dieses letzte: Es reicht - und zwar endgültig. Der letzte Schubser.


Murchadh, Angst davor einen Fehler zu machen, wenn ich ihm (oder jedem anderen beliebigen Menschen) keine weitere Chance mehr gebe. Er könnte ja vielleicht doch plötzlich ein anständiger Mensch sein und dann habe ich ihm schrecklich Unrecht getan. Dann hätte ich ein schlechtes Gewissen. Etc. Es ist wie so oft eine Mischung aus verschiedenen Gefühlen und Motivationen.

Naja, ich kann da nicht reinschauen - aber vielleicht würde ihm ein bisschen Abstand von dir sogar gut tun? Und damit wäre auch das Gefühl weg, Heimlichkeiten gegenüber seiner sowieso schon labilen Freundin zu haben - das ist sicher, wenn ich mich in die Lage reinversetze, sehr zwiespältig.

Das heißt ja nicht, ihm Unrecht zu tun - zu erkennen, wann man eine Pause braucht, weil es kontraproduktiv wird. Zumindest hab ich dich in deiner Schilderung so verstanden.

Ich sag nur, wie es mir vorkommt, ich kenn ja niemanden der Beteiligten.

Murchadh, ich denke schon, daß Du darin auch Recht hast, sowas hat schon Hintergründe. Aber ebenso denke ich, daß eben die Hintergründe zu Folgen führen, die dann von alleine funktionieren. Es bilden sich zwischen Menschen Bindungen (manchmal aus sehr dummen Gründen) und diese Bindungen bestehen dann weiter.

Selbst Paare, die sich im gegenseitigen Respekt trennen, dann eigene Wege gehen, jeder eine andere glückliche Beziehung gründen, können beim Wiedersehen nach Jahren dann ein "blaues Wunder" erleben. Obwohl sie ihre neue Beziehung schätzen und diese nicht stören wollen, passiert doch oft mehr, als gewollt war. Weil das Alte immer noch lebt.

Das sind einfach Bindungen. Die kann man vorübergehend vergessen. Aber sie sind da. Auch bei so einem "Rückfall" könnte man wieder fragen, was in der Tiefe noch dahinter steckt. Doch ich denke, man lebt nicht, um zeitlebens Therapie zu betreiben. Es gibt Dinge, die darf man den Göttern überlassen und sich dann vornehmen, aus den Fehlern zu lernen.

So wie ich meine Löcher in den Zähnen dem Zahnarzt überlasse ohne Ursachenerforschung, aber mit dem festen Vorsatz es zukünftig besser zu machen und den Zucker mehr zu meiden. Der Schmerz ist Lehre genug.

P.S. das von mir vorgeschlagene Ritual soll ja nur die Trennung im Inneren herbeiführen, die mehr Souveränität gibt. Die gewissermaßen die Gefühle auf Anfang setzt. Es ist kein magisches Vernichtungsritual, nur eine Trennung von überlebten, überflüssigen Bindungen.

Wir sind zwischendurch getrennte Wege gegangen, aber sieht man sich mal wieder, wird doch wieder gequatscht, dann kommt er mich bei der Arbeit besuchen, ein paar mal stand er sogar plötzlich bei mir vor der Tür.

Wahrscheinlich wäre es für ihn auch einfacher, wenn er sich nicht ständig einreden muss, er tut das beste für seine Verlobte, wenn er es ihr nicht sagt und das Problem sich einfach in Luft auflöst. Allerdings meldet er sich ja dann doch wieder. Wie gesagt, ich melde mich nicht bei ihm, solange das nicht geklärt ist. Aber ja, auch ich freue mich, wenn wir uns mal sehen.

Nur ist es mir den ganzen Stress nicht mehr wert. Ich möchte wirklich die Gefühle einmal "auf null setzen", damit ich absolut objektiv sagen kann, ob ich noch mit ihm befreundet sein will.

Sollte ich Hyrokkin vor, oder nach dem Treffen opfern? (Es findet jetzt übrigens nächsten Donnerstag statt.)

Geh nach Deinem Gefühl, was Du selbst möchtest. Du würdest nur für Dich opfern, also nur Dein Empfinden heilen (ich sehe das als eine Heilung an). Ich könnte nicht mal sagen, wie schnell es passiert.

Bei mir war es z. B. einmal so, daß ich die nächsten Tage erst mal so richtig stinkig war, es kam noch mal so richtig alles hoch. Da wäre es ihm echt übel ergangen, wenn er mir gerade da über den Weg gelaufen wäre. Wie ein Eiterpickel der aufplatzt.

In der Folge setzte dann das neutrale Vergessen ein. Ich weiß immer noch, wer er war usw. Aber ich denke so gut wie nie mehr dran. Auch nicht wenn ich mal einen Depri Tag habe und gerade in Selbstmitleid versinke und alles Unrecht der Welt hervorhole, das mir schon geschehen. Der kommt da gar nicht mehr drin vor.

Ganz sachlich würde ich sage, er ist wie er ist, was soll diesmal anders sein als bisher. Aber genauso gut könnte man sagen, daß man noch eine letzte Chance gibt auch um vor sich selbst einen solchen Schritt zu rechtfertigen. Und bedenke, es ist wenn dann für Dich selbst eine Fürbitte, damit Du innerlich frei werden kannst.

Du könntest ihn in die Bitte einbeziehen, ich wäre mir aber nicht sicher, ob man das wirklich tun sollte, muß doch jeder selbst seinen Weg gehen. Die Bitte für andere bringe ich nur vor, wenn es um verstorbene Verwandte geht, damit sie sich wirklich lösen können, falls sie noch Schwierigkeiten haben. Aber das ist dann die allerengste Familie. Das wäre für mich etwas anderes.

Ich danke dir für deine Worte. Ich werde es nach dem Treffen machen, wenn ich das Gefühl habe, es hat nichts gebracht. Es ist gut zu wissen, dass es die Möglichkeit gibt, mir magische Hilfe zu holen. :)

Vielen Dank euch beiden für die Ratschläge und Denkansätze.

So ähnlich wie dir ging es mir auch mal Igelchen. Auch ich konnte mich von meinem Ex nicht lösen. Ich habe jedoch gemerkt das es mir hilft einfach den Kontakt abzubrechen was jedoch auch nicht so leicht ist. Aber ich merke wie sich das so langsam aber sicher löst. ich glaube manche Menschen brauchen länger als andere um sich von einer Person zu lösen. Es kommt ja auch drauf an wie intensiv man eine Beziehung erlebt hat. Eigentlich waren wir garnicht so lange zusammen aber die Erlebnisse waren sehr einprägend und eigentlich ist es die damalige Zeit die man vermisst denn in Wirklichkeit will ich ihn garnichtmehr.

Er ist zwar noch in meinem icq gespeichert und vor paar Wochen haben wir auch ab und an noch geschrieben aber so langsam komme ich an einem Punkt wo er mir egal zu werden scheint. Hat auch lange genug gedauert. Er hat womöglich ne neue Beziehung, ich habe seit über 3 Jahren meinen jetzigen Freund und jeder ist glücklich. Auch wenn du das womöglich jetzt noch nicht glaubst Igelchen, aber Wunden können heilen, jedoch dann wenn man sie auch heilen lässt und sie nicht immer wieder von neuem aufreißt.

Samira